Kartoffelwaschen, bevor die Kartoffeldämpfe zum Einsatz kommt.
Günzburger Marktplatz: Kartoffeldämpfe in Aktion
Informationsstand: Besucher informieren sich über den Good Food
March 2012
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Die Aktivisten des "Good Food March" haben auf ihrem Weg nach Brüssel
am 28. August im schwäbischen Günzburg an der Donau Station gemacht.
Im Mittelpunkt der von Slow Food mitorganisierten Kundgebung stand die
Kartoffel - aus einheimischer, naturnaher Landwirtschaft. Redner
protestierten gegen die massenhafte Verschwendung von Lebensmitteln
und forderten eine am Gemeinwohl orientierte Neuausrichtung der
EU-Agrarpolitik.
Ein Bericht von Sigi Körner
"Rauchschwaden hängen über dem Wetteplatz an diesem letzten Dienstag
im August. Es ist Markttag in Günzburg, der schwäbisch-bayerischen
Kreisstadt an der Donau. Ein Ungetüm aus mannshohen Kesseln und meterhohem
Kamin auf hölzernem Fahrgestell drängt den Schweinchenbrunnen in den
Hintergrund. Dieter Gerstmeyer legt Buchenholz nach, um seine historische
„Kartoffeldämpfe“ auf Temperatur zu bringen. Damit wurden einst die
Kartoffeln für die Schweinemast gedämpft, da Energie teuer war, immer
gleich fürs ganze Dorf.
Heute werden aus der „Dämpfe“ dem neugierigen Marktpublikum Kartoffeln
aus regionaler Erzeugung angeboten. Kartoffeln, wie sie die Kartoffelwirte
aus dem Donaumoos an ihrem Stand zeigen. Daneben informiert das Slow Food
Convivium „Schwäbische Donau“ über das Slow Food Projekt Terra Madre.
Die bayerische Umweltstation Bächingen und das Donaumooseum fassen den
Platz mit großformatigen Plakaten, die für eine nachhaltige Landwirtschaft
und weitreichende Artenvielfalt werben.
Kräuter für den Lukelleskäs
Kinder des St. Claraheimes rupfen und schneiden Kräuter für den
„Lukelleskäs“, dem idealen Kartoffelbegleiter aus Quark (natürlich aus
heimischer Molkerei), Zwiebeln und Kräutern, die die Kinder in ihrem
Garten am Morgen gepflückt haben. Mit dem Eintreffen der Radler des
Good Food Marches eröffnet Hubert Krimbacher, der Biolandwirt aus
dem Kamental, die Veranstaltung, die in Günzburg dem Motto folgt:
Welche Landwirtschaft, welche Ernährung wollen wir. Der zweite
Bürgermeister der Kreisstadt, Anton Gollmützer, betont in seinem
Grusswort die kleinteilige, naturnahe Landwirtschaft der Region,
die es zu erhalten gilt. Ganz wesentlich für den Erhalt dieser
Kulturlandschaft sind die Bienen. Thomas Hefele, Vorstand des
Kreisimkerverbandes und Slow Food Mitglied: „ Der volkwirtschaftliche
Nutzen unserer Bienenvölker übertrifft den Ertrag aus der Honigernte
um ein Vielfaches.“
Ein Lebensmittel ist kein Wegwerfprodukt
Unser Vorstandsmitglied Robert Friedenberger, stellvertretender Leiter
des Conviviums „Schwäbische Donau“, setzt sich mit dem Problem der
Verschwendung auseinander. Die derzeit stattfindende Verramschung
unserer Lebensmittel führt notwendig zur fehlenden Wertschätzung
dieser Lebensmittel. Dadurch werden Lebensmittel zum Wegwerfprodukt.
Er setzt sich für eine bäuerlich strukturierte, wertorientierte
Landwirtschaft ein: gegen eine Agrarindustrie, die entgegen ihrer
Versprechungen den Hunger in der Welt weiter rapid ausbreitet.
Slow Food steht für:
- die Erforschung der Funktion lokaler Ökosysteme
- die Vermittlung von traditionellem Wissen mit zeitgemässen Methoden
- die Unterstützung der Jugend, damit die in der Lebensmittelerzeugung wieder Fuss fassen können
- die Bewahrung und Stärkung regionaler Identitäten und der biologischen Vielfalt.
Bauernhöfe statt Agrarindustrie
Slow Food fordert eine Agrarpolitik, die die Ernährungssicherheit der
Menschen nicht weiter bedroht. Slow Food will Bauernhöfe statt Agrarindustrie.
Stephan Kreppold, Aichacher Biolandwirt und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft
bäuerliche Landwirtschaft will eine Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik.
In seinem leidenschaftlichen Vortrag stellt er die Frage nach der
Strukturentwicklung in der Landwirtschaft. „Auf Grund der Flächensubvention
werden gigantische EU-Subventionssummen von billigst produzierenden
Grossgrundbesitzern abgeschöpft. Durch diese Monokulturen werden
Lebensmittel in vielerlei Hinsicht unsicher und zum Ramschartikel.
Wir brauchen eine am Gemeinwohl orientierte Agrarpolitik. Notwendige
Subventionen müssen sich an ökologischen Grundsätzen orientieren.
"Agrarindustrie-orientierte EU-Bürokraten dürfen nicht das Wesen unserer
Landwirtschaft bestimmen", sagt Hubert Krimbacher, bevor er die Good
Food March Aktivisten mit seinem Lied „Die Erde liebt euch“ auf ihren
langen Weg nach Brüssel entlässt."
Mehr Informationen:
Slow Food Aktivitäten zur Lebensmittelverschwendung
Good Food March
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